1750er in Zurndorf - Aurelius Fessler

von Werner

Ignaz Aurelius Feßler, ungarisch Fessler Ignácz Aurél (* 18. Mai 1756 in Zurndorf (ungarisch Zurány), Komitat Wieselburg; † 15. Dezember 1839 in Sankt Petersburg) war katholischer Geistlicher, Orientalist, Kapuziner und Freimaurer sowie lutherischer Generalsuperintendent. Er schrieb in seinem Buch "D Fessler's Rückblicke auf seine siebzigjährige Pilgerschaft" folgende Zeilen über Zurndorf in den 1750er Jahren, damals Czurendorf (Zurány).

Eine kleine Meile südlich von Gatendorf, auf der Wiener Kunststrasse nach Raab, am linken Layta- Ufer, liegt in ebener, fruchtbarer, freundlicher Gegend der Marktflecken Czurendorf (Zurány), einst Kammergut des Ungrischen Königs, später der Erzherzoginn Maria Christina, noch immer gesegneten Andenkens daselbst, bey ihrer Vermählung mit Albrecht Casimir, Herzog von Sachsen-Teschen zur Morgengabe verliehen, jetzt des Helden, Erzherzogs, Carl Ludwigs Besitzung, mit einer Evangelisch-lutherischen, und einer Römisch-katholischen Kirche ausser dem Orte, einer geräumigen Capelle mitten im Flecken, mit zwei stattlichen Pfarrhäusern, ansehnlichen Herrschafts-gebäuden und zwei, zu allen Bequemlichkeiten für Reisende eingerichteten Gasthöfen versehen. Jetzt wohnen in hundert sechs und fünfzig gutgebauten Häusern fünfhundert fünfzig Römisch-katholischer, und sechshundert fünfzig Seelen evangelisch-lutherischer Confession; darunter fünf und zwanzig zunftmässige Handwerker und zwei Kleinhändler, alles wohlhabende Leute, von edler Einfalt, bescheidener Freimüthigkeit , redlicher Offenheit und ehrbaren Sitten, unter dem katholischen Seelenpfleger Joseph Mnich, und dem Evangelisch- lutherischen Andreas Grailich, welche ihren Gemeinden, nicht mit friedfertiger Duldung, was eigentlich Sache des Staates ist, sondern mit dem Beyspiele evangelisch - brüderlicher Liebe und Herzenseinigung vorleuchten. 

In diesem königlichen Marktflecken nahm mein Vater den herrschaftlichen Gasthof in Pacht, und im Jahre 1754 holte er sich ans den lieblichen Gatendorfer Gärten die einsam wallende, züchtige Jungfrau, Anna Maria Kneidinger, zur sorgsamen Hausfrau. In dem Jahre, da die Flamme des siebenjährigen Krieges zwischen Preussen und Oesterreich noch im Verborgenen zum Ausbruche sich bereitete, im sechzehnten Regierungsjahre Benedicts des XIV. des Gelehrtesten aller Päpste, an dem Festtage des einfältigen Capuziner - Bruders Felix von Cantalicio, welchen der heilige Cardinal Bischof Carolus Borromaeus von Mayland eeiner Achtung und Freundschaft gewürdiget, Clemens der XI., der ehrwürdigen Jansenius und Quesnel's Verdammer, heilig gesprochen hatte, am 18. May in der Mittagsstunde dankte meine fromme Mutter dem Ewigen für mich, und sagte zu ihrem Manne: siehe Dir ist ein Sohn geboren, und als Erstling soll er dem Herrn geheiliget seyn. Am achten Tage nach meiner Geburt legte sie mich auf die Waagschale, und ihrer mehrmaligen Versicherung nach , wog ich neunzehn Ungrische Pfund; das deutete freilich auf eine weit niedrigere und gröbere Bestimmung hin, als zu welcher ihre Gottseligkeit mich leiten wollte. Die kirchliche Taufe empfing ich von dem damaligen Pfarrer Andreas Kiss, aus Padersdorf gebürtig. Ignatius musste ich heissen, weil meine Mutter von den Gesinnungen, dem Wandel, und den Thaten dieses heiligen Stifters der Jesuiten ganz begeistert war. In dem Glauben, wie sie mir bey zunehmendem Alter oft versichert hatte, dass die dem menschlichen Gemüthe eingeschaffenen Anlagen und Keime zur Gottseligkeit noch im Mutterleibe, und forthin auch durch die Muttermilch befruchtet werden können, war die Zeit, in der sie mich unter ihrem Herzen trug, die andächtigste ihres innerlichen Lebens; und nachdem sie mich geboren hatte, legte sie mich nie an ihre Brust, ohne, entweder im Geiste zu beten, oder in des Thomas a Kempis Nachfolge Christi, ihrem Lieblingsbuche, zu lesen.

Das Sorgen und unruhvolle Leben in dem Czurendorfer Gasthofe wollte meiner Mutter nicht mehr behagen, nachdem der Blitz in die Kinderstube eingeschlagen, um die Wiege herum, auf der sie sitzend mich nährte, dann zum Fenster hinausgeflogen , und den davor stehenden alten Birnbaum zersplittert hatte. Mein Vater trat aus dem Pacht, und nahm Dienste bey dem Grafen Arco in Presburg, wohin meine Mutter ihm folgte.

Quelle: D Fessler's Rückblicke auf seine siebzigjährige Pilgerschaft abgerufen am 13.01.2022 von commons.wikimedia.org