Ein Hoch dem 1. Mai

von Werner

Bei uns war es Brauch, dass jeder Lehrer einen Maibaum bekam. Der Baum (eigentlich eine Staude), ca. 2 bis 2 1/2 Meter hoch, wurde dabei nicht vor dem Haus aufgestellt, sondern in die Wohnung oder das Haus der Lehrkraft getragen.  

Drei Tage vor dem 1. Mai gingen die Burschen in den Wald und suchten eine schön gewachsene Alexe und die Mädchen suchten in der Zwischenzeit einen Raum, wo der Baum anschließend in einem Fass mit Salzwasser aufbewahrt wurde. 

In den darauffolgenden Tagen schmückten die Mädchen den Baum mit 80 bis 100 Seidenrosen, die in mühevoller Handarbeit aus weissem Seidenpapier hergestellt wurden. Dabei wurde immer ein Bogen Seidenpapier für eine Rose verwendet und aus den Überbleibseln wurden schöne Maschen gebastelt.

Am ersten Mai holten wir bereits um sieben Uhr am Morgen den Baum ab und die ganze Schulklasse machte sich sodann auf den Weg zum Lehrer bzw. zur Lehrerin. Damals gab es eine klare Ordnung wie gegangen wurde. Ganz vorne trugen zwei Burschen den Baum, dahinter folgten die anderen Burschen und anschließend die Mädchen. Jeder Bursche hatte in seiner Hand eine in Krepppapier eingepackte Flasche Wein oder eine andere Kleinigkeit. Die Mädchen trugen schön geschmückte Tabletts ebenfalls mit kleinen Geschenken. 

So gingen wir durch das Dorf, bis zur Wohnung bzw. zum Haus des Lehrers oder der Lehrerin und sangen die Lieder „Der Mai ist gekommen“, „Komm lieber Mai und mache“ und „Alles neu macht der Mai“. Beim Lehrer angekommen übergaben wir den Baum und die mitgebrachten Geschenke. Im Gegenzug gab es für uns Kinder Süßigkeiten! 

Maijogerl

Es gab auch den Brauch mit dem Maijogerl. Wenn sich die älteren Burschen über ein Mädchen ärgerten, setzten sie am ersten Mai einen Maijogerl auf das Dach. Der wurde am Rauchfang mit Draht befestigt. Die Väter hatten dann ihre liebe Not, den Maijogerl wieder abzumontieren. 

PS: Auf dem Bild zu sehen ist der Jahrgang 1947 bei Lehrer Johann Siebenstich (Blochal) im Jahr 1955. Der Bursche in der 2. Reihe mit Mascherl bin ich, Werner Dürr, in Vertretung von Erich Dürr