Führerschein für den Traktor

von Werner

Es war an einem stürmischen Märzmorgen, als wir in die Schule kamen, sagte der Herr Direktor: „Ich konnte für heute ein Fahrzeug auftreiben, wir fahren nach Wien zur ersten Frühjahrsmesse nach dem Krieg.

Es war ein Lastauto mit nicht sehr hohen Bordwänden, da stellten wir aus der Klasse unsere Sessel auf, die wir von zu Hause mit hatten und los ging die Fahrt. Es war für die meisten wenn nicht für alle der erste Messebesuch überhaupt. Die größte Sensation war in einer Halle da stand auf einer Drehbühne ein Steyr Traktor 26 PS es war der erste und einzige auf der Messe. Der Direktor sagte nachher: „einen solchen werdet ihr vielleicht einmal ein Jeder haben.“

Es gab in Bruck damals ein Geschäft, die verkauften Burgol-Schuhcreme, die sie selbst erzeugten, man bekam pro Kundschaft nur eine Schachtel. Ich kaufte eine Schachtel und ging in den nächsten Tagen nochmals hin um eine Schachtel zu kaufen, aber ich wurde erkannt, dass ich erst eine gekauft habe und wurde weggeschickt.

Ich hielt mich in meiner Freizeit öfters in einer Trafik auf, wo eine Verwandte von mir die Javor Maunzi Verkäuferin war. Zigaretten gab es zu dieser Zeit nur die Einheitszigaretten, die B-Zigaretten, auf Raucherkarten pro Tag sechs Stück zum Preis von je acht Groschen. Außerdem gab es die A-Zigaretten ohne Raucherkarten, zum Preis von je einen Schilling das Stück, was sich kaum jemand leisten konnte. Zuhause wurde in vielen Gärten Tabak gepflanzt den auch unser Vater zubereiten konnte und in Hülsen stopfte oder wuzelte.

Eines Tages sagte der Direktor: „Es kommt von Wien die Fahrschule Zehmann heraus.“ Und er habe mit dem Fahrschulbesitzer ausgemacht, wenn die ganze Klasse geschlossen am Kurs für Traktor teilnimmt, bekommen wir für 50 Schilling den Führerschein. Es war damals noch das deutsche Kraftfahrgesetz geltend, da war der Führerschein Klasse 4 für Traktor und Kleinkraftrad für 250er gültig. Als wir am Prüfungstag erschienen sagte man uns zwei Burgenländern Finster Paul und mir unsere Anträge wären noch auf der BH in Neusiedl. Aber die Prüfung dauert sowieso auch morgen noch. Nachdem keine Möglichkeit war nach Neusiedl zu fahren, gingen wir beide zu fuß nach Neusiedl. Bei der BH mussten wir uns in der Schlange anstellen. Die Meisten waren wegen Benzinscheine hier, so konnten wir beobachten, wie der mürrische Herr Kanzleileiter Kustrich die Schreibtischlade einen Spalt offen hatte, wo die Bittsteller die Zigarettenschachtel reinfallen ließen. Um seinen Schreibtisch herum war ein großer Kreis mit Weinflaschen aufgestellt. Als wir Beide dran waren und unser Begehren vorbrachten sagte er in mürrischem Ton, dass er nicht so viel Zeit hätte die Akte zu durchschauen, aber er weiß sowieso, dass die Akte noch am Grenzposten in Nickelsdorf liegen. Nachdem unser Abendzug erst nach sieben Uhr in Nickelsdorf ankam, wurde der Finster Paul am Gendarmerieposten doch noch erhört, wo man ihm die Auskunft gab, dass unsere Anträge auf der BH sein müssen. Am nächsten Morgen fuhren wir direkt nach Neusiedl. Zum Glück hatten wir so viel Taschengeld bei uns, dass wir gemeinsam eine Zehnerpackung Schillingzigaretten kaufen konnten, um den Herrn Kanzleileiter zu bestechen. Als wir wieder zu fuß in Bruck mit unseren Anträgen ankamen, war die Prüfung schon beendet. Der Fahrschulbesitzer versprach uns, wenn er nächstens in der Gegend eine Prüfung hat verständigt er uns. Nachdem dieser uns vergessen hatte, habe ich ihm einen Brief geschrieben.

Es war inzwischen November geworden, da bekam ich einen Brief wobei ich nach Hainburg zur Prüfung eingeladen wurde, mein Kollege Finster kam nicht, weil er die ganze Zeit nichts gelernt hatte. Ich habe mir ein Fahrrad ausgeborgt und bin trotz Schlechtwetter nach Hainburg gefahren. Da habe ich erfahren, dass inzwischen das österreichische Kraftfahrgesetz gilt und ich nur den Führerschein A bekam, für die Klasse F hätte ich mit einem Traktor vorfahren müssen. Für das ausgeborgte Fahrrad musste ich mir in Potzneusiedl eine Fahrradpumpe ausborgen zum mitnehmen, denn ich musste öfters Luft nachpumpen.

Quelle: Michael Pschaiden